Alle Flüsse in Tschechien haben ihren unvergesslichen Zauber. Die Berounka fließt freundlich und ruhig durch bewaldete Täler und ist wie geschaffen für Anfänger und Familien mit Kindern. Die Sázava setzt den Wassersportlern abschnittsweise mit Stromschnellen zu und stellt die Geschicklichkeit des Hintermanns und die Fähigkeit des Vordermanns, das Boot um die Felsbrocken herum zu manövrieren auf eine harte Probe. Auf dem längsten Fluss, der Moldau, sind Stromschnellen ebenso wenig Mangelware. Unberührte Natur bietet der obere Moldaulauf, der durch den Nationalpark Böhmerwald fließt. Welcher Fluss jedoch ist jenen zu empfehlen, die im Sommer Abenteuer und Romantik suchen?
Eine Antwort auf diese Frage brachte eine Umfrage der Agentur CzechTourism unter www.tipsfortrips.cz, bei der die Besucher der Internetseiten vom 20. 7. bis zum 6. 8. 2010 ihre Stimme abgeben konnten. Das Ergebnis ist eine Rangliste mit den unter Wassersportlern beliebtesten Flüssen Tschechiens. Die überwiegende Mehrheit (30 % von 1370 Stimmen) wählte die Sázava zum romantischsten Fluss Tschechiens. Auf dem zweiten Platz landete verdient die Berounka – der Dauerbrenner unter den beliebten Flüssen zum Wasserwandern – mit 22 % der Stimmen. Weit hinter den anderen zurück blieb überraschenderweise die Moldau mit 9 %.
1. Sázava – der romantischste Fluss Tschechiens
Die Sázava gehört zu den Evergreens für Flussfahrten im Sommer und stellt mit ihren Schwierigkeitsgraden alle Kategorien an Wassersportlern zufrieden. Im Oberlauf braust der Wildwasserabschnitt der Stvořidla, der in ruhiges Wasser mit romantischen Buchten übergeht – wie geschaffen für sommerlichen Badespaß. Die Flusswanderung erleichtern Stauwehre mit Floßgassen, die für eine Belebung der Fahrt sorgen. Zum schönsten Abschnitt der Sázava wählten die Internetnutzer die beliebte Strecke Týnec nad Sázavou – Pikovice, die für ihre vielen schönen und langen Stromschnellen bekannt ist, deren Schwierigskeitsgrad vom Wasserstand abhängt. Obwohl relativ viele Boote auf der Sázava unterwegs sind, bilden sich keine Staus vor den Wehren, sodass jeder die Chance hat, die Fahrt in Ruhe zu genießen. In jedem Fall einen Zwischenstopp wert ist die romanische Rotunde auf dem Gelände der Burg in Týnec nad Sázavou, die der Fledermausart Großes Mausohr als Quartier dient.
2. Berounka – der Fluss des Schriftstellers und leidenschaftlichen Anglers Ota Pavel
Die Berounka ist ein Fluss, der Sie nie enttäuschen wird. Mit schwierigen Stromschnellen ist hier nicht zu rechnen, dafür hat die Berounka das ganze Jahr über genug Wasser und ist sowohl für Anfänger als auch für Familien mit Kindern geeignet. Auf dem Fluss herrscht in der Regel kein allzu großer Andrang, sodass man in der schönen Natur der Region Pilsen und im Landschaftsschutzgebiet Křivoklátsko garantiert zur Ruhe kommt. Auch der tschechische Schriftsteller Ota Pavel liebte die Berounka. Den Fluss säumen hohe Felsen, grasige Ufer und stille Tümpel. Im Herbst und im Frühjahr wird aus dem ansonsten stillen und ruhigen Fluss ein wildes Ungetüm, das selbst geübten Wassersportlern den Adrenalinspiegel steigen lässt. Würzen Sie den Naturgenuß mit kulturellen Einlagen! Sehenswürdigkeiten gibt es in der Umgebung zuhauf: z.B. die beiden Burgruinen Libštejn und Krakovec, die Burgen Křivoklát und Karlštejn sowie die kleine Stadt Nižbor mit der weltberühmten Glashütte Rückl Crystal.
3. Moldau – der Wassersportklassiker
Der Fluss mit den höchsten Besucherzahlen ist unterhalb von Lipno nad Vltavou das ganze Jahr über befahrbar. Einer der schönsten Abschnitte befindet sich im Oberlauf der Teplá Vltava im Nationalpark Böhmerwald. Hier fließt der Fluss durch unberührte Natur, in der Eisvögel durch die Lüfte fliegen und im Frühling Wiesenblumen an den hohen Flussufern ihren Duft verströmen. Die sandige Flusssohle sorgt für kristallklares Wasser. Die Befahrbarkeit des Fluss wird jedoch von der Verwaltung des Nationalparks reguliert und Genehmigungen sind bisweilen schwer zu bekommen. Der Unterlauf ab Vyšší Brod hingegen ist ohne Weiteres befahrbar. Wegen der großen Beliebtheit der Moldau können sich lange Bootsschlangen bilden. Für Abkühlung sorgt eine Besichtigung des gotischen Klosters in Vyšší Brod, aber auch der Minibrauerei. Ebenfalls sehenswert sind die Burg Rožmberk, Český Krumlov, das Kloster Zlatá Koruna sowie die Burgruine Dívčí Kámen.
4. Lainsitz – einer der beliebtesten Flüsse
Die Lainsitz (Lužnice) zählt zu den am häufigsten befahrenen Flüssen mit wunderschöner Natur und historischen Städten. Einziger Wermutstropfen im Oberlauf der Lainsitz sind die Stechmücken im naturgeschützten Gebiet Novořecké močály sowie im Bereich der Stará řeka, die in den Teich Rožmberk mündet. Der unter den Wassersportlern beliebteste Abschnitt Tábor – Bechyně ist jedoch frei von Mücken und darüber hinaus gewinnt der Fluss hier an Geschwindigkeit. Ab Bechyně leitet das zwischen Waldhänge gequetschte Flussbett die Lainsitz zu Koloděje nad Lužnicí, wo bereits der Wasserstau der Orlík-Talsperre beginnt, sowie zur Stadt Týn nad Vltavou, vor der es in die Moldau mündet. Im Oberlauf der Lainsitz lädt Schloss Jemčina zu einer Besichtigung ein, im Unterlauf wiederum die Rosenburger Burg in Soběslav sowie die Hussitenstadt Tábor. Der Fluss fließt unter der Jugendstilbrücke von Stádlec hindurch, der letzten ihrer Art in Europa. Ebenfalls einmalig ist die zum technischen Denkmal erklärte Regenbogenbrücke (Duhový most) am Stadtrand von Bechyně.
5. March – der Biberfluss
Die March (Morava) bildet in ihrem Unterlauf die Staatsgrenze zwischen der Tschechischen und der Slowakischen Republik sowie zwischen der Slowakei und Österreich. Besonders interessant sind ihr Ober- und Mittellauf bis maximal Olomouc sowie der Abschnitt zwischen Břeclav und ihrer Mündung in die Donau. Weniger angenehm sind umgestürzte Bäume, unbefahrbare Wehre, seichte Sandbänke und die Mücken im Landschaftsschutzgebiet Litovelské Pomoraví. Das Stückchen unberührte Natur bei Litovel stellt unter anderem ein Rückzugsgebiet für Biber dar, deren kunstvollen Bauten nur vom Boot aus bewundert werden können. Im Flussbett bilden sich Anschwemmungen mit Vögel. Doch hier gilt: Betreten verboten. Den Mittel- und Unterlauf der March bewältigen selbst blutige Anfänger. Außer Bibern, Ottern und seltenen Vögeln gibt es hier an die 60 Fischarten. An den Ufern erstrecken sich bunte Blütenteppiche aus Schneeglöckchen, Buschwindröschen und Schwertlilien. Sehenswert sind die Přemyslidenburg in Olomouc sowie das Flugzeugmuseum.
6. Otava – ein Fluss mit nicht allzu dichtem Verkehr
Die Otava ist der Zusammenfluss der Bergbäche Křemelná und Vydra unterhalb von Čeňkova pila im Böhmerwald. Sie fließt durch fantastische Naturszenerien und wunderschöne historische Städte wie etwa Sušice, Horažďovice, Strakonice und Písek. Der Fluss bietet sowohl geübten Wassersportlern als auch Anfängern ein sportliches Erlebnis. Die meisten Wehre sind befahrbar, wobei die Zahl der Wassertouristen auf dem Fluss unter der Schmerzgrenze bleibt. Der interessanteste Abschnitt für geübte Wassersportler ist die Strecke ab Čeňkova Pila bis Sušice, wo der Wasserstand des Flusses um ganze 48 m sinkt. Im bewaldeten Flusstal liegen Steine und große Felsbrocken verstreut. Auf der Strecke kommt man jedoch nicht umhin den Wasserstand zu kontrollieren, der bei Čeňkova Pila mindestens 50 cm betragen muss. Vom Wasser und Festland aus kann die majestätische Burg Rabí bewundert werden, im nahe gelegenen Horažďovice steht das Rote Tor (Červená brána), das zweitälteste Tor Böhmens. Bei Wunsch kann man auch bei der Burg Strakonice und in Písek mit der ältesten Steinbrücke Tschechiens einen Zwischenstopp einlegen. Die Endstation am Zusammenfluss der Otava mit der Moldau ist die Burg Zvíkov.
7. Eger – der viertlängste Fluss Tschechiens
Obwohl die Eger (Ohře) relativ schnell durch die Landschaft fließt, wird sie wegen der vielen unbefahrbaren und gefährlichen Wehre von Wassersportlern gemieden. Der am meisten befahrene Abschnitt führt von Loket nach Klášterec nad Ohří, wo der Fluss eine herrliche Wald- und Wiesenlandschaft durchfließt. Entlang der Strecke führt ein Wasserwanderweg, der über den Fluss, Kulturdenkmäler sowie über Unterkünfte informiert, da die Eger durch mehrere naturgeschützte Gebiete fließt, in denen Campen verboten ist. Zu den größten Schmuckstücken an der Eger gehört Burg Loket, die bis zu 50 m hohen Granittürme des Hans-Heiling-Felsens (Svatošské skály) sowie der Kurort mit den meisten Besucherzahlen: Karlsbad. Wer sich für Porzellan interessiert, sollte sich die Ausstellung im Schloss Klášterec nad Ohří nicht entgehen lassen.
8. Iser – ein Fluss mit vielen Gesichtern
Die Iser (Jizera) zählt zu den großen Gebirgsflüssen und ist bei Wassersportlern beliebt, die die Herausforderung auf schwierigeren Abschnitten zu suchen. Geübte Wassersportler werden den Abschnitt Semily, Bítouchov – Podspálov zu schätzen wissen. Im beinahe gesamten Oberlauf ist der Fluss von Wäldern umgeben, die in Wiesen mit Weidenbäumen an den Ufern und sandige Tümpel übergehen, in denen sich Forellen wärmen. Gen Turnov nimmt die Strömung kräftig zu, bis daraus ein Tieflandfluss mit einer sanften Strömung entsteht, der erst vor seiner Mündung in die Elbe unterhalb von Benátky wieder an Geschwindigkeit gewinnt. Der einzige Nachteil sind die vielen unbefahrbaren Wehre. In Železný Brod kann eine traditionsreiche Glashütte besichtigt werden. Ein beliebtes Ausflugsziel ist die Felsenburg Vranov - Pantheon.
9. Ploučnice – eine Fahrt durch die Wildnis
Noch vor kurzem floss die Ploučnice durch ein militärisches Sperrgebiet, Errungenschaften der Zivilisation sucht man hier daher vergebens. Auf den ersten Flusskilometern wird man vom engen Polzendurchbruch (Průrva Ploučnice) verschlungen, auch Höllenschlund (Pekelný jícen) genannt, der zwischen zwei Felsblöcke gehauen wurde. Das Boot wird durch einen Tunnel gezogen, in dem einem nichts anders übrig bleibt als in einen Tümpel zu springen. Anschließend windet sich der Fluss in Mäandern durch das ehemalige Militärgebiet Ralsko. Den Wassersportler erwartet eine Fahrt zwischen Weiden und anderen Pflanzen. Der relativ schnelle Strom bis Brenná bei Česká Lípa wird durch keine Wehre gestört. Die Ploučnice ist dank ihrer Quellen, die als ergiebigstes Quellgebiet Mitteleuropas gelten, das ganze Jahr über bis Benešov nad Ploučnicí befahrbar. In der Stadt Mimoň freut sich das Stadtmuseum auf Ihren Besuch, weitere Sehenswürdigkeiten warten erst in Česká Lípa, wo es die Wasserburg Lipý zu entdecken gibt. Abschied nehmen vom Fluss heißt es bei Schloss Děčín, das auf den Zusammenfluss von Elbe und Ploučnice von einem hohen Fels herabblickt.
Unsere Liste haben die Teilnehmer an der Umfrage um folgende attraktive Flüsse in der Tschechischen Republik bereichert:
Großer Beliebtheit erfreut sich der mährisch-schlesische Fluss Odra, der mit vielen Stromschnellen durch das Landschaftsschutzgebiet Poodří fließt. Die Flussufer säumen über 150 Jahre alte Buchen. Vielen Wassersportlern ist der für Anfänger geeignete ostböhmische Fluss Orlice mit mehreren schönen Stränden und lehmigen Ufern ans Herz gewachsen, der den gleichnamigen Naturpark durchquert. Auch seine beiden Nebenflüsse Tichá Orlice und Divoká Orlice locken Kajakfahrer bei Hochwasser an. Vielen Wassersportfreunden ist auch der Fluss Bílina nicht verborgen geblieben, der das ganze Jahr über reichlich Wasser führt. Die meisten „freien“ Stimmen, also 16 von 117 erhielt allerdings der europäische Strom Elbe, dessen Quelle im Herzen des Riesengebirges liegt. Besonders begeistern waren die Leser vom Abschnitt Vrchlabí-Jaroměř im Oberlauf oder auch von den romantischen Dampferfahrten.